Donnerstag, 23. Dezember 2010

Kitsch - Texte und Theorien erschienen bei Reclam

Wer hat nicht mindestens fünf der kleinen gelben Reclam-Heftchen im Regal stehen? Hier ist noch ein Bändchen, das sich optisch ganz wundervoll in Deine Schul- und Unilektüre einfügt.

Der Kitsch-Band führt nicht nur in die Kitsch- und Campdiskussionen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert ein. Nein, er kitscht auch selbst fleißig. Winnetou-Auszüge von Karl May und das herrliche "Mimili" von H. Clauren sind nur zwei Belege dafür, dass Kitsch irgendwie auch schon immer interessant war. 

Die Herausgeber_Innen Ute Dettmar und Thomas Küpper haben mit ihrer Auswahl der Texte einen guten Überblick geschaffen. Einführend stellen sie am Beginn jedes Kapitels die prägnanten Eckpunkte der aktuellen Diskussion heraus und geben weiterführende Literatur an. Schließlich kommen immer auch die Poeten und Theoretiker der jeweiligen Zeit selbst zu Wort.

Zum Kitsch äußern sich also zum Beispiel Kant, Schiller und Goethe, dann Musil, später Fronemann und Ackerknecht, dann Benjamin, Bloch und Adorno, auch Bourdieu und schließlich Flusser und Sontag. (Susan Sontags "Notes on Camp" findest Du übrigens auch hier).

"Ich warne dich, leichtfertig mit dem Ausdruck Kitsch umzugehen!" Frank Wedekind, Kitsch.

The Guerilla Art Kit von Keri Smith

Dieses Buch macht Spaß! Schon beim ersten Durchblättern.  Es wirkt nämlich nicht wie die Massenproduktion, die es wahrscheinlich ist. Es wirkt, als hätte Keri Smith jedes der Exemplare höchstpersönlich geschrieben und illustriert. Schreibmaschinenschrift wechselt sich mit Handschriftlichem ab, Zeichnungen, Photos... das Guerilla Art Kit ist wie ein Poesiealbum.


Das Buch fängt ganz vorn an. Was ist überhaupt Guerilla Art? Keri Smith, die sich selbst als "an author/illustrator turned Guerilla Artist" nennt, sagt, das sei jede anonyme Arbeit die an öffentlichen Orten installiert, performt oder angebracht wird. Sie weitet damit den Begriff aus, schließt bekannte Streetart wie Graffiti aber nicht aus. Sie sagt: "Guerilla Art is for everyone. [...] It is free and accesible".

Samstag, 27. November 2010

Nachtrag zu "Sexismus als Steckenpferd" II

Hier wurde bereits über das Werbeplakat von Media Markt berichtet. Auch die erste E-Mail vom Werberat wurde  gepostet.

Gestern kam dann wieder eine E-Mail vom Werberat an mit der Begründung, warum es sich bei dieser Werbung NICHT um Diskriminierung handele:


"Nach Eingang der Stellungnahme des werbenden Unternehmens haben wir die Angelegenheit den Mitgliedern des Deutschen Werberats zur Begutachtung und
Beurteilung vorgelegt. Diese sind zu der Auffassung gelangt, dass die Werbemaßnahme nicht zu beanstanden ist.

Der Deutsche Werberat, die selbstdisziplinäre Einrichtung der Werbewirtschaft in Deutschland, beanstandet eine werbliche Maßnahme dann, wenn sie gegen seine Verlautbarungen oder die darin zum Ausdruck kommenden herrschenden gesellschaftlichen Grundüberzeugungen verstößt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Darstellungen oder Aussagen in der Werbung erfolgen, die herabwürdigend oder diskriminierend in Bezug auf Frauen sind. Maßstab der Betrachter ist dabei der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher, wie er auch von der Rechtsprechung zugrunde gelegt wird.

Montag, 22. November 2010

Die zwei Seiten der Lush-Medaille

Eigentlich scheint Lush ja echt eine schöne Sache zu sein. Kosmetikprodukte, Seifen, Badezusätze und und und komplett frei von Tierversuchen, häufig frei von tierischen Produkten. Irgendwie kommt der Laden auch in Genderfragen ganz gut rüber, wenn die Verkäuferinnen gern mal mit Bart durch den Laden laufen, wie kürzlich in der Kölner Filiale Hohestraße. 

Allerdings scheint das nur die eine Seite der Lush-Medaille zu sein! Die andere Seite offenbart merkwürdige Werbeaktionen am Rande der Legalität, zeigt wie Verkäuferinnen dazu erzogen werden, ihre sexuellen Reize  offensiv für den Verkauf zu nutzen... und wer sich weigert, ist für Lush Geschichte.

Anfang November veröffentlichte der Journalist Hannes Grasegger auf verschiedenen Plattformen Beiträge über die Arbeitsbedingungen bei Lush. Und diese Informationen klingen dann gar nicht mehr so bunt und lustig und unterstützenswert. Grasegger spricht auf Zeit.de von "Öko-Prostitution", auf t-online.de bezeichnet er Lush als "Eine schmierige Naturkosmetikkette", ähnliche Inhalte veröffentlichte er bei der Financial Times und bezieht sich damit auch auf einen älteren Artikel von Kristina Läsker in der Onlineausgabe der Süddeutschen.

Lush streitet jegliche Vorwürfe ab und so steht dann wohl Aussage gegen Aussage.

Das neue Magazin "Fräulein" - Name: Hui. Rest: Pfui!



Gestern habe ich im Bahnhofsbuchhandel das neue Magazin "Fräulein" entdeckt, zwei Euro investiert und das Hochglanz-Heftchen mitgenommen. Das Titelbild wirbt mit Texten zum Körper, Schnittmustern und einem Interview "über dumme Anmachen, Weiblichkeit, Leidenschaft und die zeitgenössische Lady", könnte also von Interesse sein.

Nach acht Seiten Werbung (!!!) - endlich das Editorial. Hier: die Betonung von Liebe und Hingabe für das Projekt "Fräulein". "Fräulein ist eine Mischung aus klassischem Frauen-Magazin und Fanzine." Meine Neugier ist geweckt. Nach dem Werbeüberfall hoffe ich das beste und blättere weiter. Drei weitere Werbeseiten. Es sei noch gesagt, dass es sich hierbei immer um Top-Modelabels handelt (Escada, Jil Sander, Filippa K). 

Dann: das Inhaltsverzeichnis. Nicht wirklich übersichtlich, muss es aber auch nicht sein. Illustriert von Tina Berning ist es aber sehr hübsch. Mein Blättertempo erhöht sich. Anders ist die viele Werbung kaum zu ertragen. Ich bleibe auf einer Seite hängen, die im Grunde auch nichts anderes ist als Werbung. Der Warenfetisch in seiner schönsten Form: hippe Taschenempfehlungen, "herzige" Babyschuhe, Design-Klappbetten... alles wiederum begleitet von Illustrationen und als solche auch schön anzusehen. Aber, aber - es bleibt Werbung. Die Textversatzstücke, die sich dazwischen finden, verblassen irgendwie und laden nicht zum Lesen ein.

Samstag, 20. November 2010

HRVST:DEATH
von Hendrik Thiele & Sebastian Thauer

Das Magazin "HRVST:DEATH" ist schon Anfang des Jahres 2010 erschienen. Eine Freundin verlinkte das Buch zu der Zeit auch, aber irgendwie bin ich erst jetzt wieder drauf gekommen, als ein Freund mir nochmal davon erzählte.

"HRVST", so der Plan, soll unterschiedlichen Menschen die Möglichkeit geben mit "Strong Hearts and Minds" über ein bestimmtes Ausgaben-Thema zu schreiben. Im Fall der ersten Ausgabe ist es eben das Thema "Tod".  

Sebastian und Hendrik haben hier unterschiedliche Menschen vereint, die ihre Erlebnisse mit dem Tod, ihre Gedanken zum Tod oder ihre künstlerischen Assoziationen mit dem Tod präsentieren. Die Autor_innen und Künstler_innen kommen aus der ganzen Welt und scheinen alle auf irgend eine Art und Weise einen Punk/Hardcore/DIY-Hintergrund zu haben. Vor allem sind es aber alles Menschen, die sich Gedanken machen - sich selbst, das Leben und den Tod reflektieren.

Montag, 15. November 2010

Nachtrag zu "Sexismus als Steckenpferd"

Vor einigen Tagen habe ich mich über die derzeitige Media Markt Plakatwerbung mit Mario Barth aufgeregt, woraufhin Kat die Webadresse für ein Beschwerdeformular beim Deutschen Werberat verlinkt hat. Nach dem Abschicken der Beschwerde hat es nicht lange gedauert, und ich hatte eine E-Mail vom Deutschen Werberat. Hier der Wortlaut:

"Sehr geehrte Frau XXX,

wir nehmen Bezug auf Ihre Beschwerde vom 5. November 2010 und teilen Ihnen
mit, dass wir das werbende Unternehmen zunächst zur Stellungnahme
aufgefordert haben.

Über das Ergebnis der Behandlung der Angelegenheit durch den Deutschen
Werberat werden wir Sie unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen
XXX XXX"
Ich bin gespannt und harre der Dinge, die da kommen. Die Plakate sind größtenteils schon wieder aus dem Stadtbild verschwunden. 



Mixtapes: The Medium Is The Message

Vor kurzem noch verschenkt
"Mit einem Mixtape kannst Du heute niemanden mehr hinterm Ofen hervorlocken" - dann muss ich wohl ein Niemand sein.

Zugegeben, das Mixtape gehört wohl zu den aussterbenden Spezies in Zeiten in denen die Walkman-Produktion eingestellt wurde, in denen Songs für das Handy und den Ipod aufbereitet werden, in Zeiten in denen Musik konsumiert und nicht geliebt wird. Genug Kulturpessimismus an dieser Stelle. Es gibt sie ja noch, diese Kleinode der Liebe zur Musik und der Mühe für die_den Beschenkte_n.

Die ersten Audiokassetten erblickten 1963 in Folge der Berliner Funkausstellung das Licht der Welt. Kurz danach wurden die ersten Kassettenrekorder auch für den Popfan erschwinglich. Und seitdem, so ist zu vermuten, gibt es auch Mixtapes. Ganze Radiosendungen und die Lieblingssongs der neusten Schallplatten wurden aufgenommen. 

Montag, 8. November 2010

Give Me No Fruit If You Love Me

Da Capo Press/Lifelong Books
Kekse sind lecker, Cupcakes auch - aber selbst machen? Wer sich mal ran traut wird merken, so schwierig ist Backen gar nicht. Schon mal überhaupt nicht, wenn der_die Bäcker_in eines der tollen Kochbücher von Isa Chandra Moskowitz und Terry Hope Romero in der Hand hält. (Der Kauf lohnt sich fast schon der Bilder wegen).

"Vegan Cupcakes Take Over The World" und "Vegan Cookies Invade Your Cookie Jar" sind zwei der Bücher der beiden Autorinnen, die in der DIY-Szene zu verorten sind und ihr Wissen ums Backen gern mit ihren Leser_innen teilen.

Da Capo Press/Lifelong Books
Neben einem Glossar zu den wichtigsten Backbegriffen greifen Moskowitz und Romero auch vielen Fragen schon vorweg, die beim Backen auftreten können. Warum habe ich Klumpen im Teig? Welcher Ei-Ersatz ist der beste? Und warum sehen meine Cupcakes aus wie Untertassen? Das ganze läuft dann auf Englisch, dürfte aber auch für nicht so sprachgewandte Bäcker_innen unproblematisch sein. Was problematisch sein könnte ist die Tatsache, dass in Cups und Unzen gerechnet wird. Im Cupcake-Buch ist aber sogar eine Umrechnungstabelle abgedruckt. 

Beide Bücher beinhalten Rezepte mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und regen zur Kreativität und zur Weiterentwicklung der Kekse und Cupcakes an. Und wem bei Apricot-Glazed Almond Cupcakes, Peanutbutter Brownies und Cranberry Walnut Thumbprints nicht das Wasser im Mund zusammenläuft, dem_der ist ohnehin nur schwer zu helfen. Schmeckt vom ersten Teignaschen an!

Dienstag, 2. November 2010

Sexismus als Steckenpferd

Als ob es nicht reicht, dass wir im TV, im Radio und im Briefkasten mit dem nervigen Gelaber von dem Typen zugespamt werden - jetzt glotzt Mario Barth auch noch von sämtlichen Bushaltestellen, die KVB, BVG und Co. so aufstellen konnten. Gut, aber entgegenschreien kann er einem_r so nicht. Denkste! Kann er nämlich doch! 
Da schreit er dann zum Beispiel in großen goldenen Lettern "Da kannste alles anfassen ohne eine geknallt zu kriegen!" Einatmen. Ausatmen. 
Dass Barth vor sämtlichen Sexismen der Welt nicht Halt macht ist ja bekannt. Aber hier setzt er nochmal einen drauf. Da kann er sich schon mal beschweren, wenn Frauen nicht jederzeit bereit sind, sich von ihm anfassen zu lassen, als wären sie eine Mikrowelle oder ein Verstärker. Ekelhaft. Und dass ich mit meinem Aufregen natürlich genau in die kalkulierte Provokationsfalle tappe - wen interessiert's?
Die Werbung läuft wieder für den Elektrofachmarkt Media Markt. "Ich bin doch nicht blöd" - Biste eben doch!


Dienstag, 26. Oktober 2010

Die Geschichte des Walkman - Der Walkman ist Geschichte

Der TPS-L2; Quelle: floraberlin.de
In den 1980ern bedeutete der Walkman von Sony eine Revolution auf dem Musikmarkt und vor allem für die Freizeit seiner Nutzer_innen.

Mit einem Walkman konnte endlich überall dort Lieblingsmusik gehört werden, wo sonst nur Alltagsgeräusche vernehmbar waren: im Bus, auf dem Fahrrad oder im Flur der Schule.

1979 wurde der erste erschwinglich Walkman in Japan unter dem klangvollen Namen "TPS-L2" verkauft. Damals gab es noch zwei Kopfhörer-Ausgänge, damit die Hörer_innen ihre Lieblingsmusik auch teilen konnten. Ein Mikrofon-Eingang ermöglichte außerdem eine aktive Nutzung des Walkman. Auch Nachfolgemodelle hatten diese Funktion noch. Henry Rollins hat wohl eine seiner ersten Spoken Words-Veröffentlichungen mit einem Walkman aufgenommen.

Erst in den späten 1980ern musste Sony um sein Monopol fürchten. Panasonic, Aiwa und Toshiba brachten ebenfalls Modelle auf dem Markt. Obwohl der Begriff von Sony geprägt war, setzte sich der Name Walkman für alle portablen Kassettenspieler durch.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Internet Killed The Video Star?

Bei MTV tut sich seit jeher einiges. In den 1980ern war MTV der erste Sender überhaupt, der sich voll und ganz der Musik widmete. Schnell überzeugte das Konzept und wurde schnell um die ganze Welt verbreitet - Amerika, Europa, Asien... inzwischen ist MTV echt überall.

Nach mehr als zehn Jahren MTV Germany geht der TV-Sender jetzt einen Schritt vor. Oder zurück. Woanders hin jedenfalls. Ab Januar 2010 wird aus MTV Pay-TV. Wer zur "I Want My MTV"-Fraktion gehört, wird in Zukunft also zahlen müssen. Wie jüngst auf der Homepage von MTV Deutschland zu lesen war, baut der Sender in Zukunft darauf, dass die Zuschauer entweder für den Sender bezahlen, oder ihre Interessen im Internet bedienen.

Montag, 18. Oktober 2010

Covergirls

Seit Beginn des Jahres 2010 verzichtet die Frauenzeitschrift Brigitte komplett auf professionelle Models auf dem Cover und auch innerhalb des Heftes (Eine Ausnahme bildet die Berichterstattung zu Modeschauen etc.). Das Interesse am neuen Konzept war groß. In sämtlichen Medien wurde diskutiert, Modeschöpfer, Models und sonst wer äußerten sich zu der Idee der Brigitte. Die Kritik erstreckte sich von Beigeisterung bis hin zu Empörung. Die Zeitschrift selbst vermarktet ihre Idee nach wie vor als Erfolg.
 
Quelle

Nur noch normale Frauen auf dem Titelbild einer Zeitschrift mit einer Auflage von knapp 800.000 - ist doch toll! Mag die eine oder der andere denken. Ja sicher, Leser_innen sehen sich nicht mehr mit makellos schönen Models konfrontiert, die eine Kleidergröße tragen, die jenseits von Gut und Böse ist. Was aber blieb, war das Wissen, dass es der Job des Models ist, gut auszusehen, wenig bis nichts zu essen, den ganzen Tag damit zu verbringen, die Haare gebürstet und die Lippen geschminkt zu bekommen. Photoshop tat dann sein Übriges.


Jetzt sind die Models der Brigitte "normale Frauen". Solche, die dann mit 47 drei Kinder zur Welt gebracht haben, nebenher eine Karriere als Staatsanwältin eingeschlagen haben, in der Woche zwei Mal zum Yoga und einmal zum Indonesisch-Kochkurs gehen und nebenher eine glückliche Partnerschaft führen (Die Models werden dem_der Leser_in zum Teil vorgestellt.) Da bleibt dann dem_der Durchschnitssleser_in die Spucke weg.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Männer mit Make-Up

Bowie auf dem Weg zu Ziggy Stardust
People stared at the makeup on his face
Laughed at his long black hair, his animal grace
The boy in the bright blue jeans
Jumped up on the stage
And lady stardust sang his songs
Of darkness and disgrace

And he was allright the band was altogether

Yes he was allright the song went on forever:
And he was awful nice
Really quite out of sight
And he sang all night long

David Bowie - Lady Stardust



Männer mit Make-Up sind in der Popkultur nichts Neues. Schon  zu Little Richards Bühnenoutfit gehörte eine Portion Mascara und spätestens seit David Bowie und vielleicht Ozzy Osbourne kräht kein Hahn mehr danach, wenn ein männlicher Musiker im Musikvideo Make-Up trägt.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Brustfrust

Es ist ja so eine Sache mit den Brüsten. Früher oder später macht sich wohl jede Frau Gedanken um eine Busen-Verpackung. Sei es des "Sich-erwachse-fühlen-Wollens" wegen oder aus "Schönheitsgründen" oder wegen der Schwerkraft.

Brüste können aber nicht einfach nur Brüste sein wie sie eben sind: mal groß, mal klein, rund, spitz, gleichmäßig und unterschiedlich. Brüste werden in Form gebracht von Busen-Verpackungen. Und dann sehen sie irgendwie alle gleich aus, dank Push-Up-BHs und Wonderbras und wie sie sonst so heißen. Eine Gleichschaltung der Brüste. Sie sind dann möglichst prall und sehen unter T-Shirt und Bluse aus, als wären sie immer gleich. Brustwarzen sind dann auch keine mehr zu sehen, ob es warm ist oder kalt. 

Der C&A-Onlineshop für Mädchen
Schlimm genug, dass erwachsene Frauen sich diesem Stress aussetzen, weil es sich so etabliert hat. (Ja, das BH-Verbrennen für die weibliche Freiheit scheint schon lange vergessen). Auch Mädchen und junge Frauen verpacken ihre Brüste in Büstenhaltern mit Pads, also Verstärkungen und Formgebungen. Bei Karstadt, C&A und in anderen Kinderabteilungen finden sich "sexy" Wäschesets für die Kleinen. Absurd, dass schon junge Mädchen, von C&A mit "Kids" umschrieben, auf eine bestimmte Vorstellung von Körpern gedrillt werden. Es wird nicht die natürliche Brust verpackt, das was da ist, oder eben nicht da ist, wird gefpormt und vergrößert, als ob das einen schönen Menschen ausmachen würde. (Keine Frage, wenn ein junges Mädchen tatsächlich Brüste hat, die gestützt werden müssen, ist es für dieses junge Mädchen sicher angenehmer in der Jugendabteilung einzukaufen, als bei den Damen.)

Die definierten "Idealbrüste" gehen meistens an der Realität vorbei. Brüste sind eben nicht immer groß und nicht immer prall und nicht immer gleich.


 


Freitag, 8. Oktober 2010

Heaven To Hell von David LaChapelle

LaChapelle: Heaven To Hell
David LaChapelle zitiert klassische Gemälde, popkulturelle Phänomene, Werbebilder, Filme. Er etabliert Klischees und durchbricht sie zugleich, spielt mit Sex und Gender, mit Körpern, mit Rollenerwartungen. Er photographiert Models, Künstler und Unbekannte. Sie sind angezogen, nackt und irgendwo dazwischen. "Heaven To Hell" ist LaChapelles dritter Photoband.

Es scheint, als würden sich die Stars darum reißen, von LaChapelle abgelichtet zu werden. Leonardo di Caprio, Sarah Jessica Parker, Brittney Spears und Michael Jackson posieren vor seiner Linse und scheinen seinen Ideen und Assoziationen gegenüber ziemlich offen zu sein. Mal gottgleich (Michael Jackson), mal als Toyboy inszeniert (Leo di Caprio), sie scheinen nach seiner Pfeife zu tanzen.

Montag, 4. Oktober 2010

East Düsseldorf unter Regie von Oliver Krietsch-Matzura

Nein, Theater interaktiv erleben und erlaufen ist für die Theaterszene sicher nichts Neues. Für mich aber schon! East Düsseldorf, eines der Projekte von Drama Köln e.V., ist so ein Stück, das nicht von einem Klappsessel eines Theatersaals aus betrachtet werden will. 

Treffpunkt ist eine Bahnstation. Dann: Eintritt zahlen in die inszenierte Welt um East Düsseldorf. East Düsseldorf, das ist eine Analogie zur DDR. Warum Düsseldorf? Weil da alles anders ist, als im westlichen Köln? Vielleicht auch, weil die Uraufführung des Stücks einst in Düsseldorf stattfand. 

An der Bahnstation werden alle Besucher_innen mit einem Fragebogen ausgestattet, der die sozialistische Gesinnung überprüfen soll. Dazu gibt es einen Ausweis für die kommunistische, strikt sozialistisch organisierte Welt. An Kontrollpunkten werden Stempel eingesammelt und schließlich ein VEB-Hörgerät. Aus den Kopfhörern sprechen Zeitzeug_innen der ehemaligen DDR und irgendwann geht das Stück los. Aus den Zeitzeug_innen wird eine Sprecherin. Der Körper zur Stimme rennt die Straße entlang. Immer wieder. Und schon ist das Stück in vollem Gange und das Publikum läuft mit.

Donnerstag, 30. September 2010

Die Waffen einer Frau?!

Die Waffen einer Frau - was verbirgt sich eigentlich dahinter? Körperliche Reize? Psychologische Tricks? Im Falle von Lady Gaga und Katy Perry sind die Waffen einer Frau Maschinengewehr-BHs und Schlagsahnedosen. 

2010 scheint popkulturell das Jahr der Brustbewaffnung zu sein. 

Katy Perry setzt in ihrem Video zu "California Gurls" auf die süße Variante. Erst ist sie das süße "Californian Candy Girl", irgendwie als Spielball von Snoop Dogg auf dem Schlaraffenland-Spielfeld. Dann fällt sie, paradiesgleich, auf die Schlange rein. Anstatt aber aus dem Schlaraffenland rausgeworfen zu werden, singt sie fortan nackt auf einer Wolke aus Zuckerwatte. 

Die süße Variante der Brustbewaffnung
Später tanzt sie dann mit ihren "California Gurls" und bewaffnet ihre Brüste mit Schlagsahne-Dosen. Sie schießt Snoop Doggs Gummibärchen-Armee ab. Snoop Dogg, eben noch der Spielleiter, ergibt sich schließlich. 

Was will uns Katy nun damit sagen? "Die Waffen einer Frau richtig eingesetzt - und Du machst Dir sogar Snoop Dogg gefügig?" oder "Ich bin so süß, dass ich platze?". Richtig viel Message ist jedenfalls weder im Song noch im Video zu finden. 

Der Spaß steht im Vordergrund, wie schon in "I Kissed A Girl", wo sicher nicht die Etablierung gleichgeschlechtlicher Liebe intendiert war. Wie sollte das auch funktionieren von jemandem, der "gay" als Schimpfwort benutzt (vgl. "Ur So Gay"  aus dem Album "One Of The Boys")? So reiht sich auch Katy Perrys Brustbewaffnung in die stumpfe und inhaltslose Präsentation des konservativen California Girls ein. 

Anders sieht es da in Lady Gagas Video zum Song "Alejandro" aus. Das vielschichtige Video unter der Regie von Steven Klein bietet viele Ebenen und Interpretationsansätze: Nähe zu Madonna Videos wie "Express Yourself" oder "Justify My Love", Okkulte Symboliken, Anlehnung an Riefenstahl-Ästhetiken und und und. Aber auch im Kontext von Lady Gagas Einsatz für die Akzeptanz offen Homosexueller bei der US Army und anderswo lässt sich das Video lesen.

Sonntag, 26. September 2010

Alle Meine Freunde von claire Lenkova

Quelle: Kunstmann
Ein Freundebuch der etwas anderen Art hat claire Lenkova mit "Alle meine Freunde" herausgebracht. In alphabetischer Reihenfolge stellt claire Lenkova verflossene Lieben, zerbrochene Freundschaften und lebenslange Wegbegleiter vor.

Alles, was claire so zu ihren Freunden einfällt, hat sie in eine Art Karteisystem übertragen und lässt ihre Leser_innen mehr wissen über den Dialekt, den Geruch oder die körperlichen Veränderungen ihrer Freunde_innen. Jede_r ist von ihr mit einer Illustration bedacht, die, zusammen mit den Stichworten zur Person, eigentlich schon keine Frage mehr offen lässt. Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich trotzdem jeweils ein Sammelsurium aus Tagebucheinträgen, Kalenderschnipseln, Postkarten und Liebesbriefen, die claire mit der/dem Beschriebenen verbindet.

Das Buch hat ein schönes Format, das Papier fasst sich gut an und hat als Beilage sogar noch ein Plakat, auf dem die Autorin/Illustratorin nochmal die wichtigsten Eigenschaften ihrer Freunde_innen tabellenartig zusammenfasst. Wer will kann sich am Ende des Freundebuches übrigens selbst versuchen und noch ein paar Einträge ergänzen.

Wirklich ein hübsches und lustiges Buch zum blättern und herzeigen.

A Star Is Born - Fotografie und Rock seit Elvis im Folkwang Museum in Essen

Ausstellung auf RTL2-Niveau, tönt es von der einen Seite. Gelungene Ausstellung, die auch Menschen anlockt, die sonst nicht viel mit Kultur am Hut haben, von der anderen.

Mit der "A Star Is Born"-Ausstellung hat das Essener Folkwang Musuem eigene Rekorde gebrochen. Mehr als 55.000 Besucher haben sich in den vergangenen Wochen die Photographien von Elvis, Presley, David Bowie, Marilyn Manson und Co. angesehen. Damit ist das die meist besuchte Photo-Ausstellung seit der Eröffnung des Folkwang Museums im Jahr 1902.

Zu sehen sind noch bis zum 10. Oktober unzählige mal mehr, mal weniger aufregende Photos von Rockstars seit dem King of Rock.

Die Ausstellung zeigt Plattencover, Promobilder, Konzertimpressionen, Dokumentation von Fankult, aber auch "hinter den Kulissen"-Photos. Neben den Photos werden auch alte Fanzines und Zeitschriften (unter Anderem Sniffing Glue und Spex), Videointerviews (zum Beispiel Adorno zur Kulturkritik), Musikvideos, Bücher und Internetpräsenzen zur Schau gestellt. 

Freitag, 17. September 2010

Die verlorene Ehre der Katharina Blum von Heinrich Böll

Die Medien wie sie im Buche stehen? 

In der Erzählung "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" werden die schicksalhaften Tage der Hauswirtschafterin Katharina Blum skizziert. Sie verliebt sich an Karneval in einen Kriminellen und verhilft ihm nach einer gemeinsamen Nacht zur Flucht.

Die 58. kleinen Kapitel der Erzählung sind jeweils aus ein und derselben Erzählerposition geschrieben. Verschiedene Quellen werden für die Darlegung des Falles Katharina Blum herangezogen. Polizeiberichte, Zeitungsausschnitte, Gesprächsfetzen. Zwar ist der Erzähler stets darauf bedacht, Neutralität und unbedingte Sachlichkeit zu betonen, fällt hier aber häufig aus der Rolle.

Sprachlich ist die Erzählung einfach gehalten, variiert aber je nach zitierter Quelle. So kommt es, wenn nach Polizeiberichten zitiert wird zum Beispiel zu numerischen Aufzählungen, wenn ein Zeitungsartikel zitiert wird zu zeitungstypischen Formulierungen - "Fortsetzung von Seite 1".

Freitag, 10. September 2010

Nichts. Was im Leben wichtig ist von Janne Teller

Quelle: Hanser Verlag
"Nichts" soll ein Jugendroman sein. "Nichts" ist ein Roman über Jugend. Zentral ist die Frage nach der Bedeutung.  Die Bedeutung von Gegenständen, von Idealen, vom Leben.

Sprachlich erinnert der Roman an kindlich-naive Gedankengänge. Zwischendurch werden Assoziationen zu Kinderreimen geweckt. Die häufig auftauchenden Klimaxe vermitteln ein sich-der-Welt-Vergewissern, wie es wohl vor allem bei jungen Menschen zu beobachten ist. Die vielen Absätze und Kapitel  in dem recht kurzen Roman ermöglichen es, die Gedankensprünge der Erzählerin nachzuvollziehen.

Eines Tages steigt Pierre Anthon auf einen Baum. Er sagt, nichts habe eine Bedeutung., das wisse er schon lange. Deshalb lohne es sich nicht irgendetwas zu tun. Das habe er grade herausgefunden. Diese philosophischen Gedanken stürzen seine Mitschüler der siebten Klasse in einem kleinen dänischen Dorf in eine tiefe Sinnkrise.

Freitag, 27. August 2010

Die Mittagsfrau von Julia Franck

Quelle: Fischer Verlag
Körperlich. Zärtlich. Rücksichtslos. Die Lebensgeschichte einer jungen Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Familiengeschichte. Eine Liebesgeschichte. Die Beschreibungen in "Die Mittagsfrau" schwanken zwischen höchster Detaildichte und totaler Aussparung. Die Reaktionen: Lächeln und Weinen, Glück und Schmerz. Lange habe ich keinen Roman mehr so intensiv mitgefühlt.

Der Roman unterteilt sich in mehrere Haupt- und Unterkapitel. Die Erzählperspektive wechselt. Wie der Prolog mit dem Rest des Romans zusammenpasst, wird erst im Epilog deutlich. Die Sprache ist sachlich kühl oder zärtlich nah. Im gesamten Roman findet sich keine wörtliche Rede. Im Zusammenspiel mit Sprache und Inhalt erzeugt diese Redeform gleichzeitig Distanz und Nähe.

Im Hauptteil werden die Leser_innen mitgenommen in die Welt der Helene Würsich. Ihre Kindheit in Bautzen ist geprägt von der innigen Liebe zu ihrer neun Jahre älteren Schwester Martha und dem verqueren Verhältnis zur depressiven Mutter. Später beschließen die Schwestern gemeinsam nach Berlin zu gehen.  Nach Anlaufschwierigkeiten findet Helene wenigstens ein kleines und kurzes Glück in der großen Stadt.

Der Roman ist geprägt von Schwankungen, von unerwarteten Wendungen und von vorhersehbaren Tragödien, so auch am Ende. Diese Aufs und Abs, die sich in allen Ebenen durch den gesamten Roman ziehen, machen "Die Mittagsfrau" so faszinierend, so herzzerreißend.